Ein Kindergarten ohne Spielzeug? Kaum vorstellbar. Doch im spielzeugfreien Kindergarten gibt es feste spielzeugfreie Zeiten, in denen die Kinder selbst kreativ werden müssen. Wir erklären dir, wie das aussieht.
Vor- und Nachteile einer spielzeugfreien Zeit im Überblick
Der spielzeugfreie Kindergarten: Die Grundidee und ihre Umsetzung
- Der Kindergarten ohne Spielzeug unterscheidet sich in seinem pädagogischen Alltag sehr von der Regel-Kita.
- Nicht nur die überwiegende Abwesenheit von Spielzeugen, sondern auch die Rolle der ErzieherInnen ist eine gänzlich andere.
- In einer spielzeugfreien Kita werden die Spiel- und Bildungsaktivitäten sowie die Spielideen nicht oder nur sehr selten durch die pädagogischen Kräfte vorgegeben.
- Es gibt entsprechend keinen Wochenplan, keine Tagesaktivität und kein pädagogisch ausgestaltetes Spiel- oder Bastelangebot.
- Die Fachkräfte machen stattdessen so wenige Vorgaben wie möglich.
- Die Kinder der Kita sollen und dürfen sich selbst beschäftigen, ihre eigenen Ideen entwickeln und selbst entscheiden, wie sie ihren Tag verbringen.
- Dabei steht aber kein Spielzeug in der klassischen Form zur Verfügung.
- Die Kinder sitzen aber natürlich auch nicht in einem leeren Kindergarten und langweilen sich.
Zur Anregung ihrer Fantasie und Kreativität stehen in Haus und Garten zum Beispiel folgende Spielmaterialien zur Verfügung:
An dieser Liste ist zu erkennen, dass zwar kein „Konsum-Spielzeug“ wie Puppen, Plastik-Bausteine oder Metallautos zur Verfügung steht, aber sehr wohl Materialien angeboten werden, mit denen die Kinder ihre Kreativität entfalten können.
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Die Entstehung einer spielzeugfreien Kita
- Der erste spielzeugfreie Kindergarten aus dem Jahr 1993 geht auf eine Arbeitsgruppe zurück, die sich mit dem Thema Sucht beschäftigte.
- Die Projektinitiatoren stellten fest, dass Kinder durch ein Übermaß an Spielzeug zu viel Konsum, Vorgaben und Termine hätten und deshalb keine Langeweile mehr aufkommt.
- Diese wäre aber wichtig, damit die Kinder sich frei und kreativ entfalten können und wichtige Lebenskompetenzen erwerben.
- Diese Lebenskompetenzen würden einem späteren Suchtverhalten entgegenwirken.
Die Rolle der ErzieherInnen: Weniger aktiv, mehr passiv
- Neben der Abwesenheit von Spielzeug, sollen die Kinder in spielzeugfreien Kitas generell mehr Selbstständigkeit und Selbstverwirklichung erfahren.
- In einem grundsätzlichen Tagesablauf gibt es für die Kinder also sehr viele Freiheiten.
- Die ErzieherInnen sind daher deutlich passiver als in einer regulären Kita.
- Sie halten sich in diesen Zeiten sehr im Hintergrund und lassen die Kinder den Alltag gestalten.
- Sie stehen als AnsprechpartnerInnen zur Verfügung, unterstützen die Kinder wo nötig und greifen ein, wenn Gefahr droht.
- Ein besonderes Augenmerk legen die ErzieherInnen in diesen Kitas auch auf das soziale Miteinander.
- Sie werden pädagogisch aktiv, wenn es einem Kind nicht gut geht oder es schlecht behandelt wird.
- Dabei achten sie aber auch darauf, zunächst nur die Aufmerksamkeit auf diese Situation zu lenken.
- Die Kinder sollen dann erst einmal selbst versuchen, diesen Umstand zu ändern. Gelingt dies nicht, geben sie weitere Hilfestellungen.
- Aktive, pädagogische Angebote durch die pädagogischen Fachkräfte bleiben dagegen überwiegend aus.
Der Alltag ohne Spielzeug: Beispielhafter Tagesablauf
Wenn du dir nur schwer vorstellen kannst, wie der pädagogische Alltag in einer spielzeugfreien Kita abläuft, dann bist du damit sicher nicht alleine.
Gerne zeigen wir dir in unserem Beispiel, wie ein Tagesablauf gestaltet werden kann:
Nicht jeder Tag ist spielzeugfrei
Auch spielzeugfreie Kitas verzichten meist nicht täglich und zu jeder Zeit auf Spielzeug. Dies hat sich im pädagogischen Alltag als zu nachteilig erwiesen, da einige pädagogische Aspekte wie eine gezielte Vorschulförderung dabei zu kurz kommen würden.
In der Praxis gibt es daher häufig einzelne spielzeugfreie Tage, kürzere Zeitabschnitte ohne Spielzeug oder eine erweiterte Auswahl an vertretbaren Spielzeugen (Murmeln, Bauklötze, Stoffpuppen).
Eine pädagogische Beobachtung aus der Praxis: Weniger ist mehr
In meinem pädagogischen Alltag konnte ich schon sehr oft beobachten, dass Kinder sehr gerne auch einmal ohne Spielzeuge spielen und kreativ werden. Sogar wenn Spielzeug vorhanden ist, entwickeln sie ihre eigenen Ideen und verzichten auf Kunststofffiguren und Metallautos.
Insbesondere im Freien und in der Natur gelingt Kindern das sehr gut.
Deshalb bin ich mir ganz sicher: Kein Kind braucht ein übervolles Spielzimmer, einen Kindergarten voller Spielzeuge oder einen Garten voller Spielgeräte. Ganz nach dem Motto: „Weniger ist manchmal mehr“ darf das Spielzeug bewusst gewählt werden und muss nicht in Hülle und Fülle zur Verfügung stehen.
Die strengste Form der spielzeugfreien Kita mit vollständigem Verzicht hat aber auch ihre Nachteile, sodass ein Mittelweg aus meiner Sicht sinnvoll ist.
Gerne darf es spielzeugfreie Zeiten oder Tage geben, gerne darf das Spielzeug auch zu Hause auf ein gesundes Maß beschränkt werden und sehr gerne darf die Natur erkundet werden.
Ein vollständiger Verzicht auf Spielzeuge ist aber sicher auch nicht notwendig und zielführend.
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- nifbe: Der pädagogische Ansatz „Spielzeugfrei“, abgerufen am 11.10.2023
- erzieherin-ausbildung.de: Spielzeugfreier Kindergarten: Vor- und Nachteile der spielzeugfreien Zeit, abgerufen am 11.10.2023
- socialnet.de: Spielzeugfreier Kindergarten, abgerufen am 11.10.2023
- Froebel Gruppe: Beschreibung des Projektes „Spielzeugfreie Zeit“, abgerufen am 11.10.2023
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