„Einmal schwanger – für immer Mutter“ – so lautet das Ergebnis einer britischen Studie. Denn Forscher fanden heraus, dass die Schwangerschaftshormone Östrogen und Progesteron bestimmte Areale im Gehirn komplett umstrukturieren.
Die Folgen sind auch Jahre später auf MRT-Bildern noch zu erkennen. Doch was bedeutet das genau?
Eine Schwangerschaft verändert nicht nur den Körper
Wer bereits einmal schwanger war, kennt die Veränderungen, welche damit einhergehen: Die Hormone krempeln den gesamten Stoffwechsel um, bringen die Gefühlswelt durcheinander, bestimmen die Prioritäten, beeinflussen diverse Körperfunktionen und bereiten schlaflose Nächte. Doch sie können weitaus mehr.
Schon im Jahr 2017 erkannten niederländische und spanische Wissenschaftler eine Veränderung im Gehirn bei schwangeren Frauen. Die sogenannte „graue Substanz“ nahm an Volumen ab und veränderte sich in der Struktur. Dieses Phänomen konnten die Forscher bei allen Frauen während der Schwangerschaft feststellen und sogar noch mehr als 2 Jahre danach.
Diese Veränderung beeinflusste jedoch nicht die Gedächtnisleistung, sondern veränderte die Empathiefähigkeit und die Interaktionsbereitschaft. Infolgedessen gingen die Forscher davon aus, dass die Umstrukturierung des Gehirns natürlicher Art sei, um die Mutter-Kind-Bindung zu verbessern und so das Überleben des Säuglings zu sichern.
Neuverdrahtung für neue Herausforderungen
- Im Jahr 2023 gelang es nun britischen Forschern, Klarheit in den Gehirnumbau zu bringen.
- Sie fanden heraus, dass es die Sexualhormone Progesteron und Östrogen sind, welche während der Schwangerschaft in hohen Mengen durch den weiblichen Körper zirkulieren und so das Gehirn in seinem Aufbau und seiner Funktion nachhaltig beeinflussen.
- Laut dieser Studie wirken die Hormone vor allem auf eine kleine Gruppe von Nervenzellen im Hypothalamus.
- Insbesondere im letzten Trimester der Schwangerschaft gibt es eine sogenannte „vulnerable Phase“, in welcher die Aktivität der Neuronen gehemmt wird, um sie einerseits empfindlicher zu machen und andererseits die Vernetzungen untereinander zu intensivieren.
- Die Neuverdrahtung sorgt dann dafür, dass sich werdende Mütter intensiver mit ihrem Säugling beschäftigen und zielgerichteter auf die vom Kind gesendeten Signale reagieren.
Doch warum passiert das?
Im Gegensatz zu vielen anderen Lebewesen ist der menschliche Säugling nicht nur auf Nahrung, Wärme und Schutz angewiesen. Als soziales Wesen benötigt er von Geburt an Interaktion und soziale Kontakte.
Die durch die Schwangerschaftshormone initiieren Veränderungen im Gehirn bewirken eine soziale Neufindung und eine stärkere Priorisierung auf die Bedürfnisse des Säuglings.
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Bindung und Beziehung
- Interessanterweise erklären die Forscher so die Hintergründe einer stabilen und einer instabilen Mutter-Kind-Bindung.
- Denn laut MRT zeigten Frauen mit einer engen, liebevollen und stabilen Mutter-Kind-Bindung die größten Veränderungen im Gehirn.
- Wohingegen bei Frauen mit einer instabilen, kühlen oder distanzierten Bindung zu ihrem Kind geringere Umstrukturierungen nachzuweisen waren.
- Wissenschaftler sind der Überzeugung, dass der Grund für die Art der Beziehung nicht nur soziale und kulturelle Aspekte sind, sondern eben auch bei dieser Umstrukturierung liegt.
Was ist mit den anderen?
Die Neuorganisation im Gehirn lässt sich Wissenschaftlern zufolge nur bei Frauen feststellen, die selbst schwanger waren – unabhängig davon, wie es zur Befruchtung der Eizelle kam oder wie das Kind entbunden wurde.
Die Umstrukturierung konnte aber bei werdenden Vätern nicht nachgewiesen werden, ebenso wenig bei Frauen ohne Schwangerschaft.
In der Zukunft wollen die Forscher herausfinden, wie sich das Gehirn bei Adoptivmüttern verhält und welche Konsequenzen dies hat. Die Ergebnisse werden mit Spannung erwartet.
Was bedeutet das für werdende Eltern?
Nun drängt sich die Frage auf, ob diese Umstrukturierung von außen beeinflusst werden kann? Viele Frauen, vor allem jene mit Kinderwunsch, werden bereits vor der Befruchtung mit künstlichen Hormonen überschwemmt und einige erhalten gewisse Ergänzungspräparate im Verlauf der Schwangerschaft.
Haben diese Substitutionen Einfluss auf die Neuorganisation im Hypothalamus, wenn Progesteron und Östrogen diese initiieren?
Und sollte jede Frau dann zum Wohle des Kindes und im Sinne einer stabilen Mutter-Kind-Beziehung bestimmte Hormone zuführen?
Oder gibt es noch andere Faktoren, welche Einfluss auf die Bindungsfähigkeit und die Beziehung nehmen?
Immerhin haben ja auch Väter, Großeltern und Fachkräfte in KiTas zum Teil eine sehr enge Bindung zum Kind. Die Gehirne dieser Menschen waren aber keiner Umorganisation unterworfen, dennoch sind diese Personen empathisch.
Es bleibt also spannend, welche Erkenntnisse die Wissenschaft noch liefert.
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- Science: Hormone-mediated neural remodeling orchestrates parenting onset during pregnancy, abgerufen am 28.11.2023
- National Geographic: Schwangerschaft verändert das Gehirn der Mutter permanent, abgerufen am 28.11.2023
- aerzteblatt.de: Wie eine Schwangerschaft das Gehirn der Mutter verändert, abgerufen am 28.11.2023
- Deutschlandfunk: Schwangerschaft verändert Strukturen im Gehirn, abgerufen am 28.11.2023
- Sience: Hormone-mediated neural remodeling orchestrates parenting onset during pregnancy, abgerufen am 28.11.2023
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