Die Freinet-Pädagogik ist eine etwas weniger bekannte pädagogische Schwerpunktsetzung. Dennoch gibt es Kindergärten und Schulen, die nach dem pädagogischen Ansatz von Celestine Freinet und seiner Frau Elise Freinet arbeiten.
Im Mittelpunkt des pädagogischen Ansatzes steht die freie Entwicklung der kindlichen Persönlichkeit.
Vor- und Nachteile im Überblick
Geschichtlicher Hintergrund: Die Entstehung der Freinet-Pädagogik
- Der französische Lehrer Celestin Freinet wurde 1896 geboren und war als lebendiger und freiheitsliebender Junge nie gerne in der Schule.
- Er empfand diese als Qual.
- Er wurde nach seiner Zeit im Kriegsdienst schließlich selbst Lehrer und trat seine erste Stelle im Jahr 1920 an.
- Erinnert an seine eigene Schulzeit, wollte er den Unterricht so reformieren.
- Nach und nach entstand auf diese Weise die Freinet-Pädagogik, mit ihren ganz eigenen Gedanken und Strukturen.
- Bereits nach drei Jahren im Lehrberuf, gelang ihm eine Innovation: Er kaufte eine Druckpresse und erlaubte den SchülerInnen damit eigene Texte zu drucken.
- Die erste Schülerzeitung war damit geboren.
- Zusammen mit Elise gründete er im Jahr 1933 eine eigene Internatsschule.
- Das Ehepaar Freinet kämpfte fortan für eine freie Persönlichkeitsentwicklung der Kindern.
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Grundgedanken der Freinet-Pädagogik
„Der Geist ist keine Scheune, die man füllt, sondern eine Flamme, die man nährt.“
Dieses Zitat von Freinet unterstreicht das Menschenbild der Freinet-Pädagogik.
- Der Lehrer machte deutlich, dass Kinder von sich aus Neugierde empfinden und man diese auf dem eigenen Lernweg nur unterstützen müsse.
- Kinder sollten ihre eigenen Vorlieben und Interessen entwickeln dürfen und nicht gezwungen werden, sich mit festgelegten Themen auseinanderzusetzen.
- Kinder haben eine eigenständige Persönlichkeit und sind keine unfertigen Erwachsenen.
- Das Freinet-Konzept war zunächst nur für Schulen gedacht, doch seit 1979 gibt es auch Freinet-Kindergärten.
- Im Rahmen einer Kita bedeutet Freinet, dass ein offenes Konzept den Kindern ermöglicht, selbstverantwortlich über ihre Tätigkeit zu entscheiden.
Auf den Punkt gebracht: Die vier Grundsätze der Freinet-Pädagogik
- Freie Entfaltung der Persönlichkeit
- Kritische Auseinandersetzung mit der (Lebens)-Umwelt
- Selbstverantwortlichkeit des Kindes
- Kooperation und gegenseitige Verantwortlichkeit
Der pädagogische Alltag im Freinet-Kindergarten
- Freinet-Pädagogik in der Kita bedeutet im Alltag sehr viel Freiheit und den Verzicht auf feste Strukturen und Rituale.
- Die Kinder dürfen ihre Zeit frei einteilen, selbst wählen, womit sie sich beschäftigen und den Tag ohne festgeschriebene Programmpunkte gestalten.
- In der Praxis hat ein Freinet-Kindergarten daher ein offenes Konzept.
- Das bedeutet, dass es keine feste Gruppenzuordnung gibt.
- Die Kita hat stattdessen offene Funktionsräume, die allen Kindern zur Verfügung stehen.
Diese können zum Beispiel sein:
- Der Tagesablauf wird nicht vorgegeben.
Die Kinder können frei wählen, ob sie gerade …
… möchten.
- Die Räume dürfen dafür frei genutzt werden und das Material ist offen zugänglich.
- Auch über die Essenszeiten entscheidet jedes Kind selbst. Es isst, wenn es Hunger hat.
- In regelmäßigen Kinderkonferenzen wird besprochen, wer welche Wünsche und Bedürfnisse hat.
- Wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden können, wird demokratisch abgestimmt.
- Angebotene Projekte sind stets freiwillig.
Die Rolle der ErzieherInnen
Die Grundsätze des Freinet-Konzeptes erfordern eine eher passive Rolle der ErzieherInnen. Diese stehen als stille Beobachter, Vermittler und Helfer zur Verfügung, halten sich aber mit aktiven Angeboten zurück und bringen von selbst wenig Ideen ein.
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Im Rahmen einer Fallbesprechung lernte ich vor einigen Jahren die Geschichte von Theo kennen. Dieser Junge wurde mit sechs Jahren regulär nach dem Besuch einer Kita in die örtliche Grundschule eingeschult.
Die Eltern ließen sich beraten und entschieden sich für einen Schulwechsel an die Freinet-Grundschule im benachbarten Landkreis.
Meine pädagogische Meinung: Es gibt Kinder, die von der freien Persönlichkeitsentwicklung und Selbstverantwortung sehr profitieren – so wie Theo. Und es gibt sicherlich Kinder, die mehr Strukturen brauchen, um sich gut entwickeln zu können.
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- Freinet-Pädagogik im Kindergarten" aus der Buchreihe "Profile für Kitas und Kindergärten" von Lothar Klein, Herder-Verlag 2002
- Tutoria, abgerufen am 10.10.2023
- Rund um KiTa: Pädagogische Konzepte unter der Lupe: Was ist eine Freinet-Kita?, abgerufen am 10.10.2023
- Das Kita-Handbuch: "Da muss man umdenken". Freinet-Pädagogik im Kindergarten, abgerufen am 10.10.2023
- Wikipedia: Freinet-Pädagogik, abgerufen am 10.10.2023
- KitaFachtexte: Freinet-Pädagogik – eine Pädagogik für Adler, die keine Treppen steigen!, abgerufen am 10.10.2023
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