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Hochsensible Kinder: feine Antennen als Gabe

Zuletzt aktualisiert

12. Dezember 2022

Kategorie

Kind

Hochsensible Kinder

Die Etiketten in der Kleidung stören, die Musik ist zu laut und das Waschmittel riecht komisch – hochsensible Kinder haben ein besonders feines Gespür für ihre Umwelt. Genau das treibt Eltern manchmal zur Verzweiflung. Auch wenn sensible Kinder von einem einfühlsamen Umgang profitieren, musst du deinen Nachwuchs nicht mit Samthandschuhen anfassen.

Wir verraten dir, welche Hochsensibel-Anzeichen es gibt und welche Tipps dein Kind im Alltag unterstützen.

Hochsensible Kinder: Das Wichtigste in Kürze

Was ist Hochsensibilität?

Als Hochsensibilität (Hypersensibilität) bezeichnen Experten eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Reizen. Diese prasseln vor allem durch die Umwelt auf dein Kind ein.

Auch du kennst bestimmt Tage, in denen dir alles zu viel wird: Ein Anruf aus dem Kindergarten, zu viel Arbeit auf dem Schreibtisch und zu guter Letzt hat die Waschmaschine den Geist aufgegeben.

In der Regel folgen mehrere unglückliche Situationen aufeinander, bis wir an unsere Belastungsgrenze kommen. Bei hochsensiblen Kindern ist diese Grenze schon viel eher erreicht. Dazu tragen Reize bei, die wir als unauffällig und häufig als nicht störend bezeichnen.

Hier ein kleines Beispiel:

Paul besucht mit seiner Grundschulklasse den Schulgottesdienst. Während sich seine Klassenkameraden an der Orgelmusik erfreuen, hält er sich die Ohren zu und fängt an zu weinen. Er sieht verzweifelt aus und möchte sich am liebsten der Situation entziehen. Sein Umfeld wertet das Verhalten als Trotz. „Unerhört, in der Kirche so ein Theater zu machen“. Paul spürt die strafenden Blicke der Lehrerin, was seine Verzweiflung nur noch verstärkt.

Wie Paul geht es Schätzungen zufolge 15-20 % der Bevölkerung, das ist der Anteil der Hochsensiblen.

Was ich dir bereits jetzt mitgeben möchte, ist, dass Hochsensibilität bei Kindern keine Erkrankung oder eine Form von Behinderung ist, sondern schlichtweg ein Persönlichkeitsmerkmal.

Der Unterschied zwischen Hochsensibilität und Hochsensitivität

Wenn du dich mit dem Thema Hochsensibilität beschäftigst, stößt du schnell auf den Begriff Hochsensitivität. Beide Begrifflichkeiten werden oft in einen Topf geworfen, dabei handelt es sich zunächst um unterschiedliche Phänomene.

    • Hochsensibilität: Ist dein Kind hochsensibel, sind seine fünf Sinne sehr viel feiner ausgeprägt. Dein Nachwuchs schmeckt, fühlt, hört, sieht oder riecht viel intensiver und differenzierter, als du es vielleicht tust. Dadurch erhält der Körper, vor allem das Gehirn, viel mehr Informationen, die er verarbeiten muss.
    • Hochsensitivität: Ist dein Kind hochsensitiv, verfügt es über einen sechsten oder siebten Sinn. Es ist außerordentlich empathisch – du hast fast das Gefühl, dein Nachwuchs hätte Vorahnungen und kann Situationen erspüren, bevor sie passieren.

Besonders spannend ist, dass viele Menschen gleichzeitig eine Hochsensibilität und eine Hochsensitivität besitzen – damit haben sie die außerordentliche Fähigkeit, ihre Umwelt mit jeder Facette zu erspüren.

Was sagt die Wissenschaft zu Hochsensibilität bei Kindern und Erwachsenen?

Die amerikanische Psychologin Elaine Moron rückte Hypersensibilitäts-Symptome bereits 1997 mit ihrem Bestseller „The Highly Sensitive Person: How to thrive when the world overwhelms you“ in die Öffentlichkeit.

Spulen wir noch ein paar Jahrzehnte zurück. Prof. Dr. Klages, ein deutscher Psychiater, befasste sich schon zwischen 1960 und 1970 intensiv mit dem Thema Sensibilität.

Er war der Ansicht, dass Hochsensibilität ihren Ursprung im Gehirn hat, genauer gesagt, im für die Reizfilterung wichtigem Thalamus.

Bis heute sind der Thalamus, aber auch der Hypothalamus, der sozusagen als Gefühlsregler dient, für die Erforschung der Hochsensibilität interessant. Einige Forscher vermuten, dass ein hochsensibles Kleinkind eine genetische Veranlagung zu einer Veränderung der reizverarbeitenden neuronalen Systeme besitzt – dieser Theorie zufolge, ist Hochsensibilität vererbbar.

Hochsensibles Kind: „Symptome“

Das Wort „Symptome“ ist an dieser Stelle nicht ganz passend. Da Hochsensibilität keine Erkrankung ist, gibt es demnach auch keine Symptome. Beschreiben wir die Anzeichen daher lieber als Hochsensibilitäts-Merkmale.

Hochsensible Kinder haben im Vergleich zu anderen Kindern viel feinere Antennen für ihre Umwelt. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie besonders empathisch, clever, kreativ und gewissenhaft sind. Das wohl entscheidendste Merkmal ist, dass sie intuitiv denken.

Doch was bedeutet intuitiv denken eigentlich?

Menschen, die intuitiv denken, machen sich tiefgehende Gedanken über die Vergangenheit und Zukunft, anstatt daran zu denken, was momentan geschieht. Während ein praktischer Denker Greifbares und Bekanntes bevorzugt, widmet sich ein intuitiver Denker der Hinterfragung der Dinge und besitzt eine ausgeprägte Vorstellungskraft sowie Fantasie.

Wie du siehst, besitzt ein hypersensibles Kind erstaunliche Fähigkeiten. Die gründliche Verarbeitung der Informationen kann aber schnell zur Überforderung führen.

Genau dann spürst du die Schattenseiten der Hochsensibilität. Vielleicht bekommt dein hochsensibles Kind in vielen Situationen Wutanfälle oder ist überaus lärm-, berührungs- bzw. schmerzempfindlich.

Vielleicht zieht es sich aber auch in sein Schneckenhaus zurück. Keine Frage, hochsensible Kinder sind bewundernswert, aber auch herausfordernd.

Ist mein Kind hochsensibel? Mach` den Hochsensibilitätstest!

Ist mein Kind hochsensibel?

Viele hochsensible Menschen spüren ein Leben lang, dass sie anders sind. Wenn sie dann, meist im Erwachsenenalter, herausfinden, dass sie die Hochsensibilität von anderen in ihrem Umfeld unterscheidet, fällt ihnen meist ein Stein vom Herzen.

Endlich haben Sie eine Erklärung dafür, warum sie anders denken und anders fühlen. Wenn du schon früh entdeckst, dass dein Kind womöglich hochsensibel ist, hilft dir das, es besser zu verstehen und Konflikte optimaler zu lösen. Lass uns gemeinsam herausfinden, ob dein Nachwuchs hochsensibel ist.

Beantworte dafür folgende Fragen:

    1. Nimmt dein Kind die 5-Sinne-Empfindungen besonders stark wahr? Riecht es Gerüche schnell und kann sie zuordnen? Ist die Umgebung deinem Nachwuchs schnell zu laut? Geht er Raufereien lieber aus dem Weg? Isst dein Kind am liebsten nur ausgewählte Lebensmittel?
    2. Fällt es deinem Nachwuchs schwer, insbesondere mittags, einzuschlafen?
    3. Neigt dein Kind zu ausgeprägten Gefühlsausbrüchen und besitzt feine Antennen für die Gefühle anderer?
    4. Beschäftigt sich dein Nachwuchs mit tiefsinnigen Fragestellungen und Themen wie dem Tod oder dem Sinn des Lebens?
    5. Besitzt dein Kind schon in frühen Jahren einen ausgeprägten Sprachschatz?
    6. Klagt dein Nachwuchs über Beschwerden wie Bauchweh, Übelkeit oder Kopfweh?
    7. Legt dein Kind besonderen Wert darauf, gerecht behandelt zu werden und besitzt ein feines Gespür für Ethik?
    8. Verabscheut dein Nachwuchs jede Art von Veränderungen und kann mit Überraschungen nichts anfangen?
    9. Zeigt dein Kind einen besonderen Ideenreichtum und eine ausgeprägte Kreativität?
    10. Schaffst du es deinen Nachwuchs bei einer Reizüberflutung nur schwer zu beruhigen?

Wenn du eine oder mehrere Fragen mit „Ja“ beantworten kannst, deutet das auf ein hochsensibles Erleben hin.

Übrigens: Wusstest du, dass sich eine Hypersensibilität auch bei Hochbegabten schon früh in der Kindheit zeigen kann?

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Du fühlst dich morgens schon von den ständigen Diskussionen um die Kleidung, dem Geruch des Essens und den Wutanfällen zwischen Tür und Angel ausgelaugt?

Die gute Nachricht: Mit nur wenigen Tipps kannst du die hereinströmenden Reize für dein Kind drosseln und so die Spannung aus konfliktbelasteten Situationen nehmen.

    • Nimm den Druck raus und schaffe Ruhezonen: Der Alltag ist oftmals hektisch, nicht alles kannst du entschärfen, aber vieles. Nimm dir ausreichend Vorlaufzeit am Morgen, führe Gespräche auf Augenhöhe und lass dein Kind bei der Wahl der Kleidung oder des Frühstücks mitbestimmen. Ganz wichtig: Schaffe Ruhezonen. Das kann eine Kuschelecke im Wohnzimmer oder eine Lesezone im Kinderzimmer sein. Beschränke die Auswahl der Spielzeuge und sorge für ausreichend Pausen von Fernseher oder Tablet, um einer Reizüberflutung entgegenzuwirken. Unternimm stattdessen Spaziergänge im Wald, in dem natürliche Geräusche herrschen.
    • Ermögliche Rituale und eine feste Struktur: Hochsensible Kinder mögen keine Überraschungen und stören sich an Veränderungen. Ein möglichst routinierter Tagesablauf bietet Verlässlichkeit und sorgt dafür, dass sich dein Nachwuchs nicht ständig entscheiden muss. Extratipp: Sanfte Naturtöne oder leises Vorlesen empfinden hochsensible Kinder als sehr beruhigend.
    • Sei der Fels in der Brandung: Oft fühlen sich hochsensible Kinder überfordert oder falsch verstanden. Sie müssen mit Vorurteilen und Bezeichnungen wie „Heulsuse“ kämpfen. Sei für dein Kind da, spende ihm Trost und Zuwendung. Entwirre verwirrende Gedanken und gib ihm Geborgenheit. Manchmal reicht schon ein offenes Ohr, damit hochsensible Kinder ihre Gefühle besser einordnen können. Wenn du das Gefühl hast, dein Nachwuchs findet aus dem Wutanfall nicht heraus, schlage ihm eine Lösung für den Konflikt vor: „Wie wäre es, wenn du Emil sagst, dass du nicht mehr so genannt werden möchtest?“
    • Habe Geduld: Veränderungen gehören zum Leben dazu. Wenn der Eintritt in die Schule oder einen Verein ansteht, habe Geduld. Führe deinen Nachwuchs langsam an die Veränderung heran und biete deine Begleitung an. Informiere Erzieher, Lehrer oder Trainer über das besondere Empfinden deines Kindes. Mittlerweile fangen viele pädagogische Kräfte etwas mit dem Begriff Hochsensibilität an und bieten beispielsweise Kopfhörer für den Unterricht, wenn es zu laut wird, an. Übrigens: Es gibt viele Hobbys für hochsensible Kinder. So profitieren verträumte Kinder von kreativen Freizeitbeschäftigungen wie Malen, Töpfern oder Musizieren.

Informationen für Eltern und Kinder

Für dich und dein Kind ist es hilfreich, die Hochsensibilität besser zu verstehen. Dafür gibt es mittlerweile viel Lektüre. Unterstütze deinen Nachwuchs dabei, seine Hochsensibilität als Gabe zu verstehen. Sich in Menschen hineinspüren, die Umwelt ganz feinfühlig erleben, das sind Fähigkeiten, die andere beneiden.

Folgende Bücher empfehle ich als Hochsensible wärmstens:

Bei dem Verein zur Förderung hochsensibler Menschen „Zart besaitet“ und auf der Seite starkekids.com findest du weitere Informationen zum Thema Hochsensibilität.

  • Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität e.V. Fachtag zum Thema Hochsensibilität bei Kindern. https://www.hochsensibel.org/dokumente/Booklet-FachtagCJD.pdf, abgerufen am 04.04.2022.
  • Reichert, Eliane. Hochsensibel. Wie Sie Ihre Stärken erkennen und ihr wirkliches Potenzial entfalten. Irisiana Verlag, 2019.
  • Assary, Elham, Zavos, Helena M. S., Krapohl, Eva, Keers, Robert & Pluess, Michael (2020). Genetic architecture of Environmental Sensitivity reflects multiple heritable components: a twin study with adolescents. Molecular Psychiatry, doi:10.1038/s41380-020-0783-8. (Stangl, 2022).
  • Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung. Das hochsensible Kind in der KiTa. https://www.nifbe.de/component/themensammlung?view=item&id=922:das-hochsensible-kind-in-der-kita&catid=45:inklusion-und-diversity, abgerufen am 04.04.2022.
  • Aron, Elaine: Das hochsensible Kind: Wie Sie auf die besonderen Schwächen und Bedürfnisse ihres Kindes eingehen. Mvg. Verlag 2018
  • Brackmann, Andrea: Jenseits der Norm- hochbegabt und hoch sensibel. Die seelischen und sozialen Aspekte bei Kindern und Erwachsenen. Klett-Cotta. 2005

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