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Typisch Trotzphase!

Autonomiephase: Wutanfälle verstehen und begleiten

Zuletzt aktualisiert

13. Januar 2023

Kategorie

Kind

Autonomiephase und Trotzphase

Dein Kind stürmt wutentbrannt aus dem Zimmer, weil es die Jacke allein anziehen wollte? Das Toastbrot fliegt in hohem Bogen auf den Fußboden, weil du es falsch geschnitten hast? Der Spielplatzbesuch endet in einem großen Drama, weil Mama nun wirklich nach Hause gehen möchte?

Willkommen in der Autonomiephase, auch Trotzphase genannt!

Die starken Gefühle, die dein Kind in dieser Phase entwickelt, stellen Eltern nicht selten vor eine Zerreißprobe. Aber warum verhält sich dein kleiner Sonnenschein auf einmal wie ein Wutzwerg?

In diesem Artikel erfährst du, was da in dem Köpfchen vor sich geht und wie du deinen Schatz in der sogenannten Trotzphase am besten begleiten kannst.

Autonomiephase – Das Wichtigste in Kürze

Was ist die Autonomiephase?

Im zweiten Lebensjahr werden Kinder immer selbstständiger und beginnen sich nach und nach von ihren Eltern zu lösen. Sie erkennen sich zunehmend als eigenständige Person und entwickeln ihren eigenen Willen.

Dabei stoßen sie immer wieder an ihre Grenzen und müssen feststellen, dass nicht alle ihre Wünsche erfüllt werden. Dies kann zu sehr starken, negativen Gefühlen wie Enttäuschung oder Wut führen.

Die Trotzphase – Ein Überkochen der Gefühle

Denken wir einmal an die klassische Situation im Supermarkt: Die kleine Anna möchte gerne einen Schokoriegel haben, aber die Mama sagt Nein. Nachdem das Betteln nichts hilft, wirft sich das Mädchen schreiend auf den Boden. Sie ist in diesem Moment unglaublich wütend und enttäuscht.

Wir Erwachsenen kennen den Moment der Enttäuschung vielleicht. Wenn ich im Restaurant eine leckere Pasta mit Steinpilzen bestelle, bin ich auch zunächst enttäuscht, wenn mir gesagt wird, dass die Pilze aus sind.

Aber ich werfe mich nicht brüllend unter den Tisch. Auch schreie ich den Kellner nicht an, weil ich mir das Wasser selber einfüllen wollte. Oder weil ich meine Nudeln von einem grünen Teller essen möchte.

Als Erwachsene haben wir gelernt, unsere Gefühle zu regulieren. Nun ja, zumindest in den meisten Fällen gelingt uns das.

Kleinkinder haben diese Reife des Gehirns noch nicht erreicht. Lass uns einmal anschauen, wie das kindliche Gehirn funktioniert.

Was geschieht im Gehirn deines Kindes während der Autonomiephase?

Vereinfacht lässt sich unser Gehirn in zwei Teile aufteilen: das emotionale (alte) Gehirn und das kognitive Gehirn (Neokortex).

Was unterscheidet diese beiden Bereiche des Gehirns? Nehmen wir einmal folgendes Beispiel:

  • Im Augenwinkel siehst du einen Schatten von hinten auf dich zukommen.
  • Sofort reagiert dein emotionales Gehirn und lässt dich erschrocken zur Seite springen.
  • Erst eine Sekunde später hat dein kognitives Gehirn alle Informationen verarbeitet. Es registriert, dass es nur eine aufgescheuchte Taube war, die dicht an dir vorbeigeflogen ist. Du bist erleichtert und beruhigst dich.

Wie du siehst, hat jedes Gehirnareal seine Aufgabe.

Das emotionale Gehirn schützt dich vor Gefahren, indem es dich schnell und unwillkürlich reagieren lässt. Das kognitive Gehirn arbeitet hingegen rational und lässt dich bewusste Entscheidungen treffen.

Bei Babys und Kleinkindern dominiert das emotionale Gehirn noch stark. Die neuronalen Verbindungen im kognitiven Gehirn sind noch lange nicht ausgereift. Aus diesem Grund reagieren kleine Kinder oft sehr emotional und impulsiv.

Erlebt dein Sprössling nun Stress – beispielsweise, weil du ihm den Schokoriegel nicht geben willst – dann übernimmt das emotionale Gehirn die Kontrolle.

Bei einem solchen Gefühlsausbruch kannst du noch so beruhigend auf dein Kind einreden – es wird dich schlicht nicht hören. Der rational denkende Teil des Gehirns ist gerade im Urlaub.

Wie kannst du dein Kind während eines Wutanfalls begleiten?

Nachdem gut zureden in diesen Fällen in der Regel nicht hilft – wie reagierst du richtig, wenn dein Schatz einen Wutanfall bekommt? Zur Veranschaulichung nehmen wir folgendes Beispiel:

Du bist mit deinem Kind auf dem Spielplatz, möchtest nun aber nach Hause gehen, um das Abendessen zu kochen. Dein Sprössling hat ganz andere Pläne. Nachdem du ihm deine Entscheidung mitteilst, gerät dein Kind ganz außer sich, brüllt und haut um sich. Es möchte unbedingt weiterspielen.

1. Atme tief durch und überblicke die Situation

Ganz wichtig: Ruhig bleiben! Lass dich nicht von den Gefühlen deines Kindes anstecken. Atme bewusst ein und aus, beobachte die Situation erst einen Moment und reagiere nicht sofort.

2. Fühle dich in dein Kind ein

Was steckt hinter dem Wutausbruch? Welches Bedürfnis hat dein Kind in diesem Moment? Versuche, sein Handeln zu verstehen.

3. Sei für dein Kind da

Es ist in dieser Situation sinnlos, auf den kleinen Wutzwerg einzureden. Er wird dich schlicht nicht hören.

Sei einfach da.

Nimm dein Kind in den Arm. Manchen Kindern hilft Körperkontakt, um sich zu beruhigen. Halte dein Kind aber nicht fest, falls es das nicht möchte.

4. Spiegle seine Gefühle

Sprich in kurzen Sätzen aus, was dein Kind gerade beschäftigt. In unserem Beispiel: „Du bist wütend. Du sagst Nein. Möchtest noch nicht gehen.“

Imitiere dabei die Mimik deines Kindes.

Seine Wut sollte sich in deinem Gesichtsausdruck widerspiegeln. Hierdurch zeigst du ihm, dass du seine Gefühle verstehst und ernst nimmst.

Wiederhole deine Worte mehrmals, bis sie bei deinem Kind ankommen. Du wirst vielleicht überrascht sein: Oftmals reicht diese Art der Kontaktaufnahme bereits, damit sich dein Sprössling beruhigt und wieder normal ansprechbar wird.

Auch wenn der Wutanfall noch nicht vorüber ist, erreicht ihr so eine Basis, auf der ihr miteinander verbal kommunizieren könnt.

5. Wiederhole das Nein

Nun gilt es, die elterliche Botschaft zu wiederholen. Du kannst beispielsweise sagen: „Du möchtest gerne noch weiterspielen, aber wir gehen jetzt nach Hause. Ich muss noch das Abendessen kochen.“ Es kann sein, dass nach deinen Worten die kindliche Wut noch einmal aufflammt. In der Regel ist der Wutanfall nun aber schon etwas schwächer.

Sei in diesem Fall erneut für dein Kind da, bewahre Ruhe und spiegle seine Gefühle. Verhalte dich mitfühlend, aber bleibe bei deinem Nein.

Oftmals reichen diese Schritte aus, damit sich dein Kind beruhigt, auch wenn manchmal drei bis vier solcher „Empathieschleifen“ notwendig sind.

6. Biete (eventuell) einen Kompromiss an

Manchmal ist die Zeit knapp und wir benötigen Lösungen, um noch rechtzeitig zu einem wichtigen Termin oder Ähnlichem zu kommen. In diesen Fällen kannst du versuchen, deinem Kind, nachdem es sich etwas beruhigt hat, einen Kompromiss vorzuschlagen.

Wichtig: Auch wenn es verlockend scheint – biete deinem Kind nicht immer eine Ablenkung oder schnelle Kompromisslösung an. Oftmals begehen wir Eltern diese (gut gemeinten) Fehler:

  • Der kleine Wirbelwind möchte nicht runter vom Klettergerüst – da locken wir ihn damit, dass es zu Hause Kakao gibt.
  • Weint deine Räubertochter, weil der Keks zerbrochen ist, gibst du ihr sofort einen neuen.

Anstatt mit Ersatzbefriedigungen von der Wut abzulenken, sollten wir unseren Kindern die Möglichkeit bieten, ihre Gefühle auszuleben. Nur so lernen die Kleinen, mit Gefühlen und auch Rückschlägen adäquat umzugehen.

Die Autonomiephase bei Kindern – Ein wichtiger Schritt hin zur Selbstständigkeit

Keine Frage, die Autonomiephase ist anstrengend – sowohl für Kinder als auch für Eltern. Sie ist aber ein ganz normaler Teil der kindlichen Entwicklung.

Denke immer daran: Dein Kind möchte dich nicht provozieren. Es kennt gerade einfach keinen anderen Weg, sich für seine Bedürfnisse einzusetzen.

Was mir während der teils heftigen Wutanfälle meiner Tochter geholfen hat: Ich machte mir bewusst, dass sie bei jedem dieser Gefühlsausbrüche etwas lernte. Jedes Brüllen, jedes Stampfen, jedes Aufdenbodenwerfen brachte sie ein Schrittchen weiter auf dem Weg, ihre Gefühle regulieren zu lernen.

Vielleicht hilft es auch dir, die Wutanfälle der Autonomiephase als etwas Positives anzusehen.

Dein Kind kann an diesen Gefühlserfahrungen wachsen und sich zu einem selbstständigen und empathischen Menschen entwickeln.


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Kommentare

Thomas Reiniger

Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als meine Tochter in die Autonomie-Phase kam. Sie wollte alles selbst machen, ohne meine Hilfe oder Anleitung. Ich fand es manchmal schwer, sie loszulassen und ihr ihren eigenen Weg zu lassen. Aber ich habe gelernt, dass es wichtig ist, sie zu begleiten und zu unterstützen, ohne sie zu bevormunden oder zu kontrollieren. Die Begleitung von Eltern bei der Autonomie-Phase ihres Kindes ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance, eine neue Ebene der Beziehung aufzubauen.


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